Franz Schubert
Streichquintett C-Dur D. 956
Isaac Stern, Alexander Schneider, Milton Katims, Pablo Casals, Paul Tortelier – 1952
Der Komponist
Franz Schubert wurde am 31. Januar 1797 in Lichtenthal bei Wien geboren. Schon sehr früh erhielt er erste musikalische Unterweisungen durch seinen Vater, später dann durch Michael Holzer, den Kapellmeister der örtlichen Pfarrkirche. Seine schöne Sopranstimme ermöglichte ihm 1808 die Aufnahme als Kapellknabe in die Wiener Hofkapelle und ins Stadtkonvikt, dort erhielt er weiteren Unterricht u.a. auch durch Antonio Salieri. Schon in dieser Zeit (bis 1812) begann er zu komponieren, nach dem Stimmbruch arbeitete er für drei Jahre als Schulgehilfe, ehe er sich infolge der finanziellen Unterstützung seines Freundes Franz von Schober ganz dem Komponieren widmen konnte. Schubert hinterließ trotz seines kurzen Lebens (er starb am 19. November 1828 in Wien) ein ungemein reichhaltiges musikalisches Erbe, dessen Umfang und Qualität erst allmählich nach seinem Tod entdeckt wurde. Zu Lebzeiten galt Schubert, der unter ärmlichsten Verhältnissen lebte und dessen scheues Wesen ihm kein öffentliches Amt erlaubte, ausschließlich als Liederkomponist. Seine großartigen Leistungen auf den Gebieten der Sinfonik, Kammer- und Klaviermusik wurden z.T. erst viel später ´entdeckt`, gelten allerdings heute zurecht als herausragende Werke der frühen Romantik.
Das Werk
Das Streichquintett C-Dur D. 956 ist Schuberts letztes Kammermusikwerk, entstanden im Frühherbst 1828, und ist entgegen diverser Gattungsvorbilder (u.a. Mozart, Haydn) mit zwei Celli besetzt. Eine Aufführung vor Schuberts Tod ist nicht bekannt, gedruckt wurde das Werk, das einen, wenn nicht den Höhepunkt in der Geschichte der Kammermusik darstellt, erst 1853, drei Jahre nach der Erstaufführung in Wien. Die vier Sätze sind überschrieben Allegro ma non troppo, Adagio, Scherzo: Presto – Trio: Andante sostenuto und Allegretto. Obwohl die Sätze formal dem klassischen Modell entsprechen, sprengt Schubert – analog zur ´Großen` C-Dur Sinfonie – nicht nur hinsichtlich der Länge zumindest der beiden ersten Sätze alle bisherigen kammermusikalischen Dimensionen. Die herrlichen Themen des ersten Satzes, keineswegs auf die üblichen zwei beschränkt – erscheinen immer wieder in neuem harmonischen Gewand, das Adagio stellt eine einfache, zugleich eine der eindrücklichsten, dabei leisesten Melodien der Musikgeschichte vor, kontrastiert von einem erregten Mittelteil. Im Scherzo obliegt überraschend dem Trio die ans Adagio erinnernde Beruhigung des ersten Teils, im Finale in Sonatenrondoform wird trotz der scheinbar volkstümlichen Stimmung immer wieder an die Atmosphäre der drei ersten Sätze erinnert, nicht zuletzt durch eine Reminiszenz an das Hauptthema von Satz 1.
Die Mitwirkenden
Isaac Stern – Violine (geb. 21. Juli 1920 in Kremenez, Ukraine; gest. 22. September 2001 in New York) einer der bedeutendsten Geiger des 20. Jahrhunderts. Er gab sein Debut 1936 mit dem San Francisco SO unter Pierre Monteux mit dem 3. Violinkonzert von Saint-Saens, bei allen Erfolgen wurde er für die z.T. schlechte Vorbereitung seiner Konzerte und Intonationsproblemen kritisiert, außerdem behandelte er manchen Kollegen nicht mit der gebotenen Zurückhaltung, schon gar nicht mit Wohlwollen.
Alexander Schneider – Violine (geb. 21. Oktober 1908 in Vilnius, Kaiserreich Russland; gest. 2. Februar 1993 in New York) war ein russischer Geiger jüdischer Herkunft. Er emigrierte 1933 in die USA, wurde Mitglied des besonders für seine Beethoven-Einspielungen gerühmten Budapester Streichquartetts und Leiter des Casals-Festivals in Prades.
Milton Katims – Viola (geb. 24.6.1909 in Brooklyn; gest. 27.2.2006 Shoreline, Washington) war zur Zeit der Aufnahme Solobratschist im NBC Symphony Orchestra unter Toscanini, später für mehr als 20 Jahre Musikdirektor des Seattle Symphony Orchestra, ab 1976 Künstlerischer Leiter der Moores School of Music an der Universität Houston.
Pablo (Pau) Casals – Cello (geb. in El Vendrell, Spanien; gest. 22. Oktober 1973 in San Juan de Puerto Rico) war einer der berühmtesten Cellisten des 20. Jahrhunderts, der sein Debut im Alter von 14 Jahren in Barcelona gab. 1899 gelang ihm in London in Anwesenheit von Queen Victoria der internationale Durchbruch, auf den eine jahrzehntelange Weltkarriere folgte, die Casals 1945 mit dem Rückzug aus dem Konzertleben beendete.
Paul Tortelier – Cello (geb. 21. März 1914 in Paris; gest. 18. Dezember 1990 in Chaussy) war ein französischer Cellist, der sowohl als Interpret als auch als Pädagoge Weltruhm erlangte. Er war als Solocellist Mitglied in diversen Orchestern (u.a. dem Orchestre Lamoureux und dem Boston Symphony Orchestra). Seine bekannteste Schülerin war Jacqueline du Pré.
Die Interpretation
Von Schuberts Streichquintett D. 956 existieren naturgemäß zahlreiche Einspielungen unterschiedlichsten Charakters. Die von Gramophone herausgestellte Aufnahme mit den fünf Individualisten gehört zu den Klassikern der Schallplattengeschichte und zählt zurecht zum absoluten Gipfel der Schubert-Interpretation hinsichtlich Zusammenspiel und durchgehender emotionaler Tiefe, mit einem nicht unwichtigen Manko: es fehlen diverse Wiederholungen, wodurch die Aufnahme zu einer der kürzesten wird und dem Hörer die ´himmlischen Längen` Schuberts vorenthält. Wer den ´ganzen`, noch dazu klanglich auf höchstem Niveau gespielten Schubert hören möchte, greife zu der Aufnahme mit dem Quatuor Ébène und Gautier Capuçon, wer das Adagio fast bis hin zum Stillstand hören möchte, für den ist Rostropovich mit dem Melos Quartett die richtige Wahl, wer hingegen ein zügiges Adagio vorzieht, höre sich Leonard Rose mit dem Guarneri Quartett an.